Deus ex Machina

Deus ex Machina

Über Gott und die WWWelt

Die feministische Aktivistin im Bett mit dem Nazi

“kann man der nicht mal was mitgeben“

Weev ist das Letzte.

Sagen Feministinnen und führen den Hacker gern vor, wenn sie Gesetzesverschärfungen für Onlinebelästigung und Stalking verlangen. Denn Weev, bürgerlicher Name Andrew Auernheimer, ist nicht nur ein Hacker, der für seine Taten im Gefängnis sass, sondern auch ein Frauenhasser, Rassist und gefährlicher Diskriminierer, der nicht davor zurückschreckt, Frauen aus dem Netz zu vertreiben und dann zu sagen: I did it for the Lulz, ich machte das zum Spass. Weev prahlt mit seinen Taten gegenüber Medien, betrieb eine Seite mit Neonazi-Inhalten, bezeichnet sich als Fan von Massenmördern und ist, alles in allem, die Verkörperung allen Übels, das das Netz davon abhält, zu einem sicheren Ort des korrekten Austauschs und der diskriminierungfreien Sprache zu werden. Weev hat keine Skrupel, anderer Leute Privatadresse im Netz zu verbreiten und andere auf sie zu hetzen.

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Weev ist das Letzte und gehört ins Gefängnis, sagen sie, und nehmen ihn als Beispiel, wo es hinführt, wenn andere für sich die Freiheit der Rede in Anspruch nehmen: Es führt in den verbalen Missbrauch, in die Unterdrückung, in die Schweigespirale und ins Trauma für die Opfer. Weev mag ein Extrem sein, aber das Netz ist voll von Leuten, die in seinem Windschatten ebenfalls die Aussagen von „Überlebenden“ von Belästigungen bezweifeln, Vergewaltigungsanklagen nicht allein aufgrund der Aussage des angeblichen Opfers glauben, gar ein faires Verfahren fordern oder ihre Texte nicht mit Triggerwarnungen zum Schutz traumatisierter Menschen versehen.

Ich sehe gerade, das ich habe das auch vergessen, obwohl das hier noch übel wird. Aber jetzt ist es zu spät.

Na wie auch immer, das Netz ist jedenfalls voll von solchen cisheterosexuellen, mittelalten weissen Privilegienmännern, die ihre Machtposition schamlos ausnutzen, um das Patriarchat weiterhin in seiner Funktion als Rape Culture im Krieg gegen die Frauen einzusetzen. „War on Women“ ist der amerikanische Begriff. Er wurde im letzten Wahlkampf häufig benutzt, als die Demokraten besonders Akademikerinnen mit Themen wie schlechter Bezahlung oder dem sog. „Campus Rape“, einer besonderen Gefährdung von Studentinnen, für ihre Sache gewinnen wollten. Naturgemäss ist das die Seite des Lichts und der Toleranz – auf den Seiten der Finsternis stehen dagegen die Republikaner mit dem Fernsehsender Fox, Webprojekte wie das rechtsgerichteten Nachrichtenportal Breitbart News, oder das Independent Women’s Forum, in dem den Konservativen nahestehende Forscherinnen Zweifel an den Erkenntnissen der Genderforschung formulieren und verbreiten.

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In diesem mit allen Tricks und Hinterhältigkeiten ausgetragenen Krieg des Patriarchats gegen die Kräfte von Wahrheit und Fortschritt wird kein Bereich ausgespart. Weil die dritte Welle des Feminismus besonders stark im Netz vertreten ist, werden auch die erfolgreichen Tech-Firmen des Silicon Valley und ihre meist männlichen Gründer, Finanzierer, Chefs und Manager an ihre Verantwortung für Diversität, Gleichberechtigung und diskriminierungsfreie Sprache erinnert. Diese Aufgabe hat das Projekt „Model View Media“ übernommen. Auf einer Webseite, und vierteljährlich als hochwertig gedrucktes Magazin Model View Culture, beschäftigt es sich mit allem, was im Silicon Valley falsch läuft: Zu wenig Rücksicht auf Minderheiten, Netzwerke weisser Männer, Diskriminierung von Frauen, mangelnde Akzeptanz der diversen Gender, warum Code sexistisch ist und wie man sich dagegen wehren kann. Geschrieben werden die Beiträge von den jeweilig betroffenen Aktivistinnen und Aktivisten, derer es im Silicon Valley wohl genügend gibt, dass die Webseite und das Leben der Herausgeberin finanziert wird. Das Projekt ist einseitig und möchte als Gegenstandpunkt auch so sein. Als Gründerin, CEO und Herausgeberin firmiert Shanley Kane, seit dem Beginn von MVM ein neuer, gefeierter Stern am Himmel des Fortschritts.

Und tatsächlich hat Shanley Kane mehr im Sinn, als einfach nur jede Woche ein paar lange Anklagen gegen das System zu veröffentlichten. „Tech Critic“ wird sie genannt, und diese Kritik äussert sie vor allem auf Twitter: Kaum ein Tag vergeht, da sie nicht in rüden Worten Rücktritte oder Entlassungen fordert und Menschen persönlich obszön angreift, egal ob sie nun ihre Firmen anders als gewünscht führen oder einfach nur eine leicht abweichende Meinung vertreten. Kane geht an die Grenze der Meinungsfreiheit und verbreitet mit ihren Followern ein Klima der Angst spätestens seit dem Tag, da der Shitstorm auf das Ausgraben alter, von derbem Humor geprägter Tweets die Karriere eines Reporters zerstörte. Allerdings reichte ihr auch schon ein harmloser Versuch eines Portraits über sie vollkommen aus, um einen veritablen Shitstorm gegen die Autorin zu starten – nur weil diese gesagt hatte, sie würde auch mit anderen sprechen. Kanes letztes Opfer war im Dezember der Linuxgründer Linus Torvalds, der sich unsensibel über die Frage der Diversität in der Softwareentwicklung äusserte – sie und im Gefolge viele andere forderten, dass die Linuxcommunity ihren verdienten Chef wegen dieser Äusserung rauswerfen sollte.

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Man kann diese Tweets heute nicht mehr anschauen, weil der Account von Kane geschlossen ist. Denn kurz nach dem Angriff auf Torvalds erschien bei eben jener verrufenen, rechten Seite Breitbart ein Artikel, der es in sich hatte. Verfasst wurde er von dem auch nicht gerade durchwegs sympathisch erscheinenden Autor und Gamergate-Aktivisten Milo Yiannopoulos, den nach Eigenaussage Gott schwul gemacht habe, damit er Feministinnen jagen könnte. In diesem Beitrag bestätigte ausgerechnet der berüchtigte Weev, dass Shanley Kane nicht nur früher seine Geliebte war, sondern auch noch seine Umtriebe teilte. So absurd die Geschichte klingen mag – die bejubelte Diversityaktivistin als Rassistin, die an der Seite des übelsten Trolls des Internets über genau jene herzog, die sie nun zu fördern vorgab – sie stimmt. Kane hat ihre Sicht der Dinge inklusive der Bestätigung, „mentally ill“ zu sein, selbst aufgeschrieben, sich zum Opfer gemacht und daraufhin ihren Twitteraccount auf privat gestellt.

Damit nicht genug: Im Gegensatz zu ihren Angaben hat Kane Model View Media nicht allein gegründet. Unter den Tisch fiel die Feministin Amelia Greenhall, die bald ohne genauere Begrünung ausgeschieden war. Jetzt aber legte sie nach und beschrieb ihre Erfahrung mit Kane: Sie habe sich leider ohne genauere Überprüfung ihrer Partnerin sehr blauäugig auf das Abenteuer eingelassen, das sich wie eine Art „abusive Relationship“, eine Missbrauchsbeziehung anfühlte. Damit eskalierte der Konflikt endgültig – es gab nicht mehr nur die extremen Seiten von Weev, Yiannopoulos und Kane, sondern auch noch eine feministische Kritik an der Frau, die kurz davor noch als schärfste Waffe des Feminismus im Kampf gegen das Patriarchat galt. Weil Kane im Laufe des Konflikts auch noch die private Telefonnummer von Yiannopoulos veröffentlicht und ihren Anhängern mitgeteilt hatte, wird sie nun auch noch des „Doxxings“ bezichtigt – ein Verhalten, das Feministinnen ansonsten besonders gern ihrem Ex-Freund Weev unterstellen.Mittlerweile haben sich Autoren von Model View Media öffentlich losgesagt.

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Der Vorfall kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, denn schon in den Wochen davor hatten linksgerichtete Aktivisten schwere Niederlagen im Kampf um die öffentliche Meinung erlitten. Ein sensationeller, aber nur angeblicher Fall von ritueller Massenvergewaltigung an der University of Virginia hat sich, obwohl sich sogar Deutschlands Vorzeigefeministin Anne Wizorek mit der Anklägerin solidarisch erklärte, nach Recherchen der Washington Post und Untersuchungen der Polizei als frei erfunden herausgestellt. Und der Medienliebling Lena Dunham, deren Autobiographie auch dank der Darstellung einer erlittenen Vergewaltigung viel Aufmerksamkeit bekam, musste mitsamt ihrem Verlag einräumen, dass die Geschichte so nicht stattgefunden hat. Auch hier hatte ausgerechnet Breitbart vor Ort recherchiert und die Schauspielerin und Feministin, die einen Unschuldigen ans Messer des Internetnobs geliefert hatte, erst nach langem Schweigen zu dem Eingeständnis gezwungen. Und es waren Forscherinnen des Independent Women’s Forum, die in den letzten Wochen die Behauptung der Demokraten entkräfteten , eine von fünf Frauen werde an den Universitäten Opfer sexueller Gewalt – die Linke hatte sich bei dem plakativen Vorwurf auf eine sehr fragwürdige Studie berufen.

Möglicherweise wären vor dem Internet solche Konflikte in geordneten Bahnen verlaufen. Ein Weev hätte kein rechtsradikales Gedankengut veröffentlichen können, eine Kane hätte sich im normalen Medienbetrieb für ihre Anliegen mässigen müssen, niemandes Adresse wäre veröffentlicht worden, und Personen, die nicht zum Helden taugen, wären Spongebobunterhosenverkauferinnen geblieben. „Im Internet weiss niemand, dass Du ein Hund bist“ ist so ein alter Spruch, und speziell im Bereich des politischen Aktivismus kommen besonders viele Hunde an Positionen, an denen sie nichts verloren haben – die Geschichte der linksbizarren Unterwanderung der Piratenpartei legt davon trauriges Zeugnis ab. Wenigstens, könnte man denken, bleibt man in Deutschland ansonsten von solchen Auswüchsen verschont.

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Das ist ein Irrtum. Denn Yiannopoulos hat schon im Dezember bei Breitbart kritisch über die Vorgeschichte von Kane geschrieben. Und ein Redakteur der deutschen Welle hat das im Twitteraccount retweetet, als Gegenposition zu einem ebenfalls verlinkten, sehr schmeichlerischen Interview mit Kane. Daraufhin wurde von Freunden und Mitarbeitern der Feministin Anne Wizorek ein Shitstorm gegen den Autor angezettelt. Die Berlinerin und kleinerdrei-Mitarbeiterin Lucie Höhler schwärzte ihn direkt und öffentlich beim Mutterhaus an. Ein Autor, der für Kane arbeitet, verlangte  eine öffentliche Entschuldigung für den Link. Mit Jürgen Geuter, Martin Pittenauer, Helga Hansen und Michael Seemann beteiligten sich weitere bekannte Gesichter des Aufschrei-Umfelds und teilweise Mitarbeiter von Anne Wizorek an der Hatz, damit kein unerwünschtes Wort über Shanley Kane von so einer „rassistischen“ Webseite weiterverbreitet wird. Sofort war die Rede vom „Staatspropagandasender“, der „ultrarechtskonservative Verschwörungstheoretiker retweetet  – man muss nicht zu Pegida gehen, um den Hass im Internet zu finden.

Das sollte man vielleicht wissen, wenn sich Frau Wizorek öffentlich zum Thema Stalking äussert. Auf eine Entschuldigung wartet man jedenfalls von ihr, von Shanley Kane oder anderen AktivistInnen vergeblich. Und morgen wird Frau Wizorek dann in der Böllstiftung erzählen, wie das mit dem Internetaktivismus geht. Man wird sehen, ob sie dort auch klare Worte über die Machenschaften ihres eigenen Umfelds findet.