Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Schweigen über willkommenskulturell nicht wertvolle Darbietungen

Sie wussten wohl nicht, dass es hier in Athen eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt.
Ach, das tut mir leid, ich bin Ausländer.
Omar Sharif und Jean Paul Belmondo

Barbara Vorsamer ist Redakteurin bei Süddeutsche.de und Kolumnistin von kleinerdrei. Kleinerdrei ist ein Projekt der Feministin Anne Wizorek, die jüngst dabei erwischt wurde, die Übergriffe von Köln mit Zahlen vom Oktoberfest zu relativieren, die man nur als Unwahrheit bezeichnen kann. Dessen ungeacchtet bringt die kleindrei-Kolumistin Vorsamer als Redakteurin bei Süddeutsche.de einen Beitrag über das neueste Projekt von Anne Wizorek und lässt sie freudlichst zu Wort kommen, ohne dass Leser ahnen könnten, dass hier Bekannte zusammen arbeiten. Es wird gerade viel über Schweigekartelle gesprochen – dabei wäre eine Betrachtung solcher Schreibkartelle auch wichtig. /sueddeutsche.de/panorama/feminismus-ausnahmslos-ein-neuer-aufschrei-nach-koeln-1.2813048/

ausnahmslos

Konkret geht es bei Wizoreks Tritbrettveranstaltung „Ausnahmslos“ nach den Exzessen von Köln um den Versuch einer Gruppe weisser und muslimischer Aktivistinnen, unter anderem Stellen in den Medien für ihre Sache und Anhänger zu fordern, wo dort doch zu viele weisse Männer seien; es geht um die Erwartung an die Medien, nach der Kölner Krawalle alle sexuelle Gewalt gleich welcher Herkunft gleichzusetzen, wie es Wizorek im ZDF unwidersprochen vormachen durfte, und als Medium lieber mal das Maul zu halten, wenn es um die Herkunft der Täter geht. Weil: Sonst Rassismus. Keine aufreizenden Wörter wie Sex-Mob, erst recht keine aufreizenden Bilder.

Im von nun an schönzuredenden Orient nennt man so etwas übrigens eine Fatwa – der neue Netzfeminismus und Islamismus werden sich prächtig verstehen.

Tun wir diesem Medienkartell also den Gefallen – mit einer guten Nachricht: Es gibt keine No-Go-Areas in Deutschland. Wirklich. Es gibt das Gegenteil. Wenn Sie, liebe Leser, einmal in meine kleine, dumme Heimatstadt an der Donau kommen, finden Sie dort Tafeln mit den Sehenswürdigkeiten der Altstadt. Darunter ist auch das Gemäuer, in dem ich logiere. Sie können dort nicht einfach parken, denn tagsüber herrscht Parkverbot. Erst am Abend, bis 7 Uhr morgens, dürfen dort Autos stehen. Das habe ich dank gewisser, sagen wir mal, Argumente, bei meiner Stadtverwaltung erwirken können. Und das bedeutet zweierlei: Tagsüber kann der Tourist das Haus ohne Autos ablichten. Und davor – aber so, dass es nicht ins Bild kommt – ist ein Parkverbotsschild.

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Das wurde vor ein paar Monaten in der Nacht von Samstag auf Sonntag umgetreten. So etwas passiert leider auch bei uns. Also ging ich zur Polizei und machte eine Anzeige. Im Haus witzelten wir, jetzt könnten wir selbst die ganze Zeit unsere Autos vor dem Haus stehen lassen – aber nichts da. Montag um sieben, als ich die Mülltonnen hinaus stellte, war da ein neues, massiveres Schild, und es war gleich richtig in den Boden einbetoniert. Die Strasse davor war noch feucht und sauber gefegt. Die Täter wurden nach bayerischem Brauch mit Genanalyse aufgespürt, in den Eimer mit dem restlichen Zement gesteckt und in die Don

Und wenn Sie mich jetzt fragen, was ich an Bayern mag: Ich mag, dass es eine Go-Area ist, in der man zwar mal ein Schild umtreten kann. Aber nach weniger als 24 Stunden ist ein neues Schild da, damit niemand auch nur eine Sekunde sein Auto illegal abstellen und sich mit einem abgeknickten Schild herausreden kann. Es bedeutet, dass die Polizei auch am Sonntag das Strassenbauamt informiert und das wiederum seine Dienstpläne so gestaltet, dass rechtzeitig Männer, Gerät und Zement da sind, um den gesetzlosen Zustand zu beheben. Umgekehrt werde ich, wenn es jetzt schneit, vor 7 Uhr unten auf der Strasse sein und Schnee räumen, wie es die Verordnung vorschreibt. Mir ist klar, dass so ein Verhalten Berlinern vollkommen absurd und bizarr erscheinen muss, denn das Auslachen fallender Omas ist dort Brauchtum – aber so ist das hier in der Go-Area. Jedes Schulkind kann hier auf einem komplett geräumten Trottoir spazieren.

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Das klingt toll und ist es auch, solange man in Go-Areas lebt. Auch der Tegernsee ist so eine Region. Das komplette Tal ist so. Gender- und minoritybewusste Aktivisten würden vielleicht das Gschau bekommen, gingen sie in einem Bananenröckchen, dessen Früchte aus Geldscheinen gefaltet sind, auf dem Höhenweg von Gmund nach Tegernsee, aber es würde nichts passieren. Die Gegend ist trotz gelegentlicher Einbruchsbanden sehr, sehr sicher. Bevor man hier einmal ausgeraubt wird, treten einen nach der von Feministinnen und ihrer erfundenen Polizei erstellten Dunkelzifferstudie vier Kühe tot, zweimal wird man vom Blitz erschlagen und siebenmal fällt man als Preiss dem Woiperdinger zum Opfer – ich glaube, das stand so bei der ARD. Hier sind die Damen mit Gold behangen und die Handtaschen schreien teuer – aber das haben hier alle. Niemand macht hier einen Raubüberfall. Es gibt nur potenzielle Opfer, aber keine Täter, deshalb vermehren sich erstere auch prima, bevölkern das ganze Tal und trinken Sprizz, ohne auf die Taschen zu achten. Ich habe hier noch nie ein Rad oder einen Rodel angekettet. Es ist eine Go-Area.

Vermutlich haben Sie das Wort bislang kaum gehört, aber das ist ja öfters so. Wir reden über sozial benachteiligte Schichten, um nicht Grattler oder Gschleaf zu sagen, aber nie über sozial bevorzugte Schichten, obwohl es die natürlich auch gibt, denn jemand muss das mit dem Benachteiligen tun. Wir reden von besseren Kreisen, aber kaum von guten Ovalen und schlechteren Quadraten, obwohl es sie eigentlich auch gibt. Es gibt wohlhabende Menschen und es gibt unwohlhabende Menschen, aber nur der erste Begriff wird verwendet. Wir nennen Schichten bildungsfern und andere nicht bildungsnah. Sehr oft ist es dann so, dass das real existierende Wort entweder eine sehr grosse oder sehr kleine Gruppe umschreibt. Ich denke, wir sind uns einig, dass echte Go-Areas, die geldbanenenrocksicher sind, nicht grössere Gebiete des Landes ausmachen. Insofern stellt sich natürlich die spannende Frage, was dieser Rest dann ist.

Sie werden das nicht gerne hören, aber: Individuelle Verhandlungslandmasse.

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Diese Verhandlungslandmasse muss keine No-Go-Area sein, kann aber, je nach Gewaltmultipol, mal so oder so betrachtet werden. Wir stimmen alle überein, dass die Polizei nicht immer überall sein kann. Sie kann aber an gewissen Orten sehr wohl dauernd sein. Im Rest das Landes trifft die allgemeine Deutung des Spruches nur allgemein zu. Das kann letztlich, je nach Population, Messerbesitz, Waffenschein und Pfefferspray, um einmal ein paar sehr beliebte Googlefragen nach Köln zu nennen, unterschiedlich ausgehen. Das sind dann die Regionen, in denen man ernsthaft über Videoüberwachung und verdachtsunabhängige Kontrollen spricht. Da wird dann entschieden, wie wichtig, wie nötig und wie grundrechtsverletzend Kontrolle sein muss, damit sich das Übel dunklere Plätze und weniger offensichtliche Orte zur Durchführung willkommenskulturell nicht wertvoller Darbietungen, um es mal ausnahmslos aktivistinnenfreundlich auszudrücken, zusammenfindet.

So gesehen sind die Debatten, die momentan in Deutschland stattfinden, ein wenig ignorant für die gesellschaftliche Realität. Es geht uicht darum, wie das Land mit den Problemen umgeht, sondern nur jene Regionen, die keine Go-Areas sind und in denen, oh Wunder, nur selten Menschen leben, die an Talkshows zu dieser Problematik teilnehmen. Jeder vernunftbegabte Mensch sucht sich einen Ort, an dem er sorgenfrei leben kann. Das Gegenteil von sorgenfrei ist sorgenvoll, und das sind die anderen Regionen. Wo wirklich die No-Go-Area einsetzt, ist eine Frage, die allenfalls Akademiker, Rettungswagenfahrer, SEKs und 90 Prozent der Bevölkerung interessiert. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Politiker, die es wagen, so einen Bericht über die Zustände in Köln mit all ihrem Wissen über die Lage ab Seite 29 zu veröffentlichen, sich dazu ernsthaft Gedanken machen. Also nicht ernsthafter als zur Frage, ob der Schreibtisch nun Rosenholz oder deutsche Eiche sein soll.

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Sollte doch jemand ernsthaft reden wollen, kann man ihn immer noch auf feministische Erwartungen hinweisen, die Sache doch nicht so speziell zu sehen, oder gar auf einen dreifachen Einzelfall oder stichempfindliche Haut zu reduzieren. Die einen müssen das nicht tun, weil sie in Go-Areas leben, und die anderen sollen das nicht tun, sondern lieber bei der Integration mithelfen und das Positive sehen – und falls doch was passiert, hätte es genauso auch ein weisser, heterosexueller Mann sein können.

Man könnte das Demokratie- und Verantwortungslosigkeit nennen. Aber wissen Sie, vertraulich gesagt, wir sind hier ja unter uns, es hört auch keiner mit, eigentlich finde ich ja, dass es Aufgabe der Linken und Grünen wäre, Sie auf solche Scheindebatten und Unstimmigkeiten energisch hinzuweisen, auf Ablenkungsversuche, die lediglich den Umstand vernebeln, dass alle Probleme, die bei uns in den Go-Areas verhindert werden, sich einen anderen Platz suchen. Unsere Go-Areas definieren, dass der Rest des Landes halt nicht so ist. Im Rest des Landes schreibt die ZEIT verständnisvoll über die migrantischen Dealer des Görlitzer Parks und Frau Göring-Eckardt, die vor laufenden PR-Kameras gern Flüchtlinge umarmt, sagt, für den Aufenthaltsstatus der Täter gäbe es keinen Bonus. Bravo. Ich finde das richtig: Denn in den Go-Areas ist es nur wichtig, dass es für den Status der sich dort aufhaltenden Bewohner einen Bonus gibt, und zwar einen möglichst grossen. Ich persönlich, privat, sagen Sie es bitte nicht weiter, wir sind hier ja unter uns, finde solche moralisch verkappten Stiefelknecht_Innen meiner Klasse und ihre Nebelkerzen, hinter denen mein Tal und meine Heimatstadt verschwinden, als sehr hilfreich. Und möchte nun aber wirklich über willkommenskulturell nicht wertvolle Darbietungen schweigen. Es ist hier schon jetzt alles viel zu voll.